Maßstab für "negative" Kindeswohlprüfung

Das Kindeswohl ist vorrangiger Maßstab. Alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände sind abzuwägen. Wenn sich nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich die Feststellungslast dahin, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist. Gründe, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen, sind bereits dann gegeben, wenn diese mit den Kindeswohl nicht vereinbar sind.

BGB § 1626 a Abs. 2; FamFG §§ 155 a, 159

a) Auch bei der "negativen" Kindeswohlprüfung nach § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorrangiger Maßstab für die Entscheidung das Kindeswohl. Notwendig ist die umfassende Abwägung aller für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände. Dafür gelten die zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entwickelten Grundsätze.

b) Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich aus der negativen Formulierung der Kindeswohlprüfung die (objektive) Feststellungslast dahin, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist.

c) Gründe, die der gemeinsamen elterlichen Sorge im Sinne von § 1626 a Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenstehen können, sind bereits dann gegeben, wenn sich aus den dem Gericht dargelegten oder sonst ersichtlichen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten die Möglichkeit ergibt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar sind. Unbeachtlich sind dagegen Umstände, die keinen Bezug zum konkreten Fall oder dem Wohl des Kindes aufweisen.

d) Zur persönlichen Anhörung des Kindes im Sorgerechtsverfahren.

BGH, Beschluss vom 15.06.2016 - XII ZB 419/15 - OLG Brandenburg, AG Perleberg

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